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Donnerstag, 26. November 2015

Keine Hartz-IV-Minderung bei Heizkostenerstattung

Rückzahlungen aufgrund zu hoher Heizkosten-Vorauszahlungen müssen nicht zwangsläufig zu einer leistungsmindernden Anrechnungen führen.
Dann, wenn das Guthaben vorher aus der Regelleistung angespart wurde oder durch geliehenes Geld zustande gekommen ist, darf die Rückerstattung nicht vom Leistungsträger berücksichtigt werden.
Das hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen entschieden (Urteil vom 23.09.2015, Az. L 13 AS 164/14).

Im zugrunde liegenden Fall musste die Klägerin einen monatlichen Heizkosten-Abschlag in Höhe von 115,- € zahlen. Dies hielt der beklagte Landkreis Leer für zu hoch und übernahm die Heizkosten nur in Höhe von 68,40 € monatlich. Die Deckungslücke in Höhe von 46,60 € monatlich überbrückte die Klägerin, indem sie sich das Geld von einem Bekannten lieh. 
Aus der Jahresabrechnung ergab sich dann, dass auf diese Weise eine Überzahlung in Höhe von 411,96 € entstanden war, die der Energieversorger an die Klägerin auszahlte. Dieses Guthaben rechnete der Landkreis auf die Leistungen an und berief sich dabei auf § 22 Abs. 3 SGB II. 

Den entsprechenden Bescheid hat das Sozialgericht als rechtswidrig aufgehoben, das LSG hat die Entscheidung bestätigt.

Nach Ansicht des LSG beruhte das Guthaben auf dem Teil der Vorauszahlung, der von der Klägerin über das Darlehen des Bekannten finanziert worden war. Von der Rückzahlung sei der von der Beklagten getragene Anteil in Höhe von 68,40 € überhaupt nicht betroffen gewesen, vielmehr sei dieser vollständig verbraucht worden.
Zwar unterscheide der Gesetzeswortlaut nicht, ob ein Guthaben beim Energieversorger durch Zahlungen des Leistungsträgers nach dem SGB II oder aber durch eigene Leistung des Hart-IV-Empfängers zustande gekommen sei. Eine derartige Unterscheidung nach der Herkunft der Überzahlung sei allerdings erforderlich. 
Nach dem Gesetzeszweck sollen den kommunalen Trägern nur solche Guthaben zugute kommen, die wesentlich mit ihren Beiträgen aufgebracht worden seien. Dies könne im vorliegenden Fall aber gerade nicht festgestellt werden.
Auch eine leistungsmindernde Anrechnung der Rückzahlung als Einkommen komme nicht in Betracht. Wenn der Leistungsberechtigte eine höhere Heizkostenvorauszahlung z. B. aus der Regelleistung "angespart" habe bzw. aufgebracht habe, insbesondere, weil er sich im Verhältnis zum Energie-Unternehmen vertragstreu verhalten und die Abschläge nicht eigenmächtig gekürzt habe, dürfe ihm dies nicht bei der Rückzahlung leistungsmindernd vorgehalten werden. Dies ergebe sich auch daraus, dass an anderen Stellen des Gesetzes gerade erwartet werde, dass der Leistungsempfänger aus der Regelleistung auch Ansparungen bilde.

Das LSG hat die Revision zugelassen.



Stephan Störmer ist Fachanwalt für Sozialrecht und Fachanwalt für Strafrecht.