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Donnerstag, 22. Dezember 2016

Alles Gute für 2017 !

Allen, die diesen Blog in 2016 gelesen und mit Anregungen unterstützt haben, sei an dieser Stelle gedankt. Frohe Weihnachten und für 2017 alles Gute und die besten Wünsche !

Mittwoch, 7. Dezember 2016

Hartz IV - Neue Regelsätze

Ab dem 01.01.2017 gelten folgende neue Regelsätze (Veränderungen gegenüber 2016 in Klammern):

• Regelbedarfsstufe 1: Alleinstehend/Alleinerziehend, nicht-erwerbsfähige Erwachsene/behinderte Menschen: 409 Euro (+ 5 Euro)

• Regelbedarfsstufe 2: Paare je Partner/Bedarfsgemeinschaften: 368 Euro (+ 4 Euro)

• Regelbedarfsstufe 3: erwachsene behinderte Menschen in stationären Einrichtungen (bis Ende 2019), nicht-erwerbstätige Erwachsene unter 25 im Haushalt der Eltern: 327 Euro (+ 3 Euro)

• Regelbedarfsstufe 4: Jugendliche von 14 bis unter 18 Jahren: 311 Euro (+ 5 Euro)

• Regelbedarfsstufe 5: Kinder von 6 bis unter 14 Jahren: 291 Euro (+ 21 Euro)


• Regelbedarfsstufe 6: Kinder bis sechs Jahre: 237 Euro (unverändert)


Grundlage ist das am 21.09.2016 vom Bundeskabinett beschlossene Regelbedarfs-Ermittlungsbesetz (RBEG).
Dieses legt die Regelbedarfe nach dem SGB XII (Nichterwerbsfähige, Menschen mit Behinderungen, Bezieher von Grundsicherung im Alter) und die Regelleistungen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II (Erwerbsfähige) fest. Die Neufestlegung der Bedarfe muss alle fünf Jahre erfolgen, wenn neue Daten über das Ausgabeverhalten der Haushalte in Deutschland vorliegen (sog. Einkommens- und Verbrauchsstichprobe, EVS). Daneben wird mit dem Gesetz auch die aktuelle Rechtsprechung des BSG und des BVerfG berücksichtigt.

Nach der nun verabschiedeten Regelung steigt der monatliche Regelbedarf für Kinder von sechs bis 13 Jahre deutlich von 270,- € auf 291,- €, was daran liegt, dass nach den EVS der Bedarf in dieser Altersgruppe für Lebensmittel und Getränke erheblich höher als bisher berechnet ist.

Für Erwachsene im SGB XII (Nichterwerbsfähige und Menschen mit Behinderungen) gibt es Verbesserungen dahingehend, dass der Anspruch für Erwachsene, die nicht in einem Paarhaushalt zusammenleben (z. B. in WGs), auf Regelbedarfsstufe 1 (100 % der GRegelleistungen) jetzt gesetzlich festgelegt ist. Für Menschen mit Behinderungen, die momentan in stationären Einrichtungen die Regelbedarfsstufe 3 (80 % des Regelsatzes) erhalten, gilt ab 2020 in den durch das Bundesteilhabegesetz eingeführten "neuen Wohnformen" die Regelbedarfsstufe 2 (90 %).

Im SGB XII werden nunmehr Mietkosten, z. B. für volljährige Kinder mit Behinderungen, die bei ihren Eltern wohnen, besser anerkannt.



Der Autor ist als Rechtsanwalt sowie Fachanwalt für Sozialrecht und Strafrecht im Westmünsterland mit seiner Kanzlei ansässig.

Dienstag, 29. November 2016

Flexi-Rente auf dem Weg


Am 25.11.2016 hat der Bundesrat den Weg frei gemacht für die sogenannten Flexi-Rente und sich zugleich für eine Stärkung des Ehrenamtes eingesetzt.

Mit dem sogenannten "Flexi-Renten-Gesetz" wird eine neue Teilrente geschaffen, die auch mit Teilzeitarbeit kombiniert werden kann. Dadurch soll die Flexi-Rente ein Anreiz sein, länger zu arbeiten.

Diejenigen, die mit 63 Jahren in Teilrente gehen, dürfen künftig deutlich mehr hinzu verdienen. Ab Juli 2017 können Rentnerinnen und Rentner damit 6.300 € jährlich anrechnungsfrei hinzu verdienen. Darüber hinaus gehende Verdienste werden zu 40 % auf die Rente angerechnet.

Wer künftig über das "normale" Rentenalter hinaus weiter arbeitet, kann seinen Rentenanspruch erhöhen, auch wenn er eine vorgezogene Vollrente bezieht.

Ferner sollen Versicherte früher und flexibler Beiträge in die Rentenkasse einzahlen können, um Rentenabschläge auszugleichen und einen vorzeitigen Renteneintritt besser absichern zu können.

Schließlich wurde die "Zwangsverrentung" aus der Grundsicherung heraus abgeschafft.


Eine Übersicht hat die Bundesregierung hier zur Verfügung gestellt.


In allen Fragen des Sozialrechts Ihre Ansprechpartner:

Freitag, 25. November 2016

Gesamtkonzept zur Alterssicherung


Am 25.11.2016 hat Bundesministerin Andrea Nahles ihr Gesamtkonzept zur Alterssicherung vorgestellt.

Ziel ist eine "zukunftsfeste und verlässliche Alterssicherung bis 2030 und darüber hinaus".

Die entsprechende Broschüre finden Sie hier.

Rechtsanwalt Störmer berät und vertritt Sie in allen Fragen des Sozialrechts und des Strafrechts als Fachanwalt.

Mittwoch, 19. Oktober 2016

Neue Organisation der Familienkassen

Anstatt der bislang zuständigen insgesamt ca. 8.000 unterschiedlichen Kindergeldkassen soll für die Kindergeldzahlungen an Bundesbeschäftigte zukünftig entweder die Bundesagentur für Arbeit oder das Bundesverwaltungsamt zuständig sein (Entwurf eines Gesetzes zur Beendigung der Sonderzuständigkeit der Familienkassen des öffentlichen Dienstes im Bereich des Bundes).

Derzeit wird in Deutschland für mehr als 16 Mio. Kinder Kindergeld gezahlt, wobei das Auszahlungsvolumen 2015 über 39 Mrd. Euro betragen hat.
Festgesetzt und ausgezahlt wird das Kindergeld von den Familienkassen.
Dabei wird für ca. 87 % aller Kinder in Deutschland das Kindergeld von den 14 Familienkassen der Bundesagentur für Arbeit bearbeitet. Für die übrigen 13 % der Kinder (solche von öffentlichen Bediensteten) gibt es allerdings über 8.000 einzelne Familienkassen des öffentlichen Dienstes.
Bei einer derart hohen Anzahl seien aber die Gleichmäßigkeit der Rechtsanwendung und ein moderner Verwaltungsaufwand nur schwer zu erreichen.
Die öffentlichen Arbeitgeber von Ländern und Kommunen sollen ebenfalls die Möglichkeit erhalten, Zuständigkeiten und Fallbearbeitung an die Bundesagentur für Arbeit abzugeben.


Ihre Fachkanzlei für Sozialrecht: Rechtsanwälte Störmer & Hiesserich in Steinfurt.

Dienstag, 4. Oktober 2016

Auswahlentscheidung bei Besetzung eines Vertragsarztsitzes

Bei der Besetzung eines Vertragsarztsitzes ist es den Sozialgerichten durch Gesetz verwehrt, anstelle der zuständigen Gremien eine Auswahlentscheidung zu treffen und zu begründen.
Dies gilt auch dann, wenn der Berufungsausschuss zwar maßgeblich auf Versorgungsgesichtspunkte abgestellt, dies aber weder im Beschluss noch im weiteren Verlauf des Verfahrens dargelegt hat, insbesondere, wenn nicht erkennbar ist, auf welche Tatsachen er den von ihm behaupteten Versorgungsbedarf (im zugrunde liegenden Fall auf dem Gebiet der konservativen Orthopädie) stützt und der Bedarf auch nicht ohne weiteres erkennbar ist. Der Berufungsausschuss muss sodann erneut entscheiden.

Das hat das Thüringer Landessozialgericht klargestellt (25.08.2016, Az. L 11 KA 928/15).


Ihr Ansprechpartner in allen Fragen des Sozialrechts: Rechtsanwalt Stephan Störmer.


Mittwoch, 14. September 2016

Keine Grundsicherung für Familien arbeitsuchender EU-Ausländer

Der Ausschluss von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II oder dem SGB XII für EU-Ausländer erstreckt sich auch auf aus dem Recht zur Arbeitsuchende abgeleitete Aufenthaltsrechte für Familienangehörige, z. B. zum Zweck des Schulbesuchs durch Kinder des Arbeitsuchenden.
Darauf hat das LSG Rheinland-Pfalz in einem Eilverfahren hingewiesen (Beschluss vom 08.08.2016, Az. L 3 AS 376/16 B ER).

Dies ergebe sich unmittelbar aus § 7 Abs. 1 S 2 SGB II.
Im zugrunde liegenden Fall konnte allenfalls noch ein Recht zum Aufenthalt zum Zweck der Arbeitsuche geltend gemacht werden, insoweit war der Betroffene ausdrücklich mit seinen Familienangehörigen vom Leistungsbezug ausgeschlossen.
Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII kamen ebenfalls nicht in Betracht, dies ergebe sich weder aus dem Gesetz noch sei es durch das Grundgesetz oder Europäisches Recht geboten.
Wenn das BSG nach einem sechsmonatigen Aufenthalt bezüglich der Sozialhilfe von einer Leistungsverpflichtung ausgehe, so überzeuge dies nicht.
Insofern könne es dahinstehen, ob auch insoweit bereits ein gesetzlicher Ausschluss vom Leistungsbezug bestehe (§ 21 S. 1 SGB XII). Jedenfalls könne aber auch keine Ermessensreduktion "auf Null" bei der allenfalls möglichen Ermessensentscheidung angenommen werden (§ 23 Abs. 1 S. 3 SGB XII).


Der Autor ist Fachanwalt für Sozialrecht und Strafrecht.

Donnerstag, 1. September 2016

Neuer Präsident des Bundessozialgerichts

Gestern hat Bundesministerin Andrea Nahes Prof. Dr. Rainer Schlegel mit Wirkung zum 01.10.2016 zum neuen Präsidenten des Bundessozialgerichts ernannt.
Er wird damit der Nachfolger des bisherigen Präsidenten Peter Masuch, der mit Erreichen der Pensionsgrenze in den Ruhestand tritt.

Nach Stationen am Sozialgericht Stuttgart und dem Landessozialgericht Baden-Württemberg sowie fast vier Jahren als Abteilungsleiter im Bundesministerium für Arbeit und Soziales war der 1958 geborene Schlegel ab Juli 2014 Vizepräsident des BSG.
Derzeit ist er Vorsitzender des 9., 10. und 13. Senats des BSG und damit unter anderem zuständig für das Soziale Entschädigungs- und Schwerbehindertenrecht, die Alterssicherung der Landwirte und Fragen der Gesetzlichen Rentenversicherung.


Wir informieren Sie über aktuelle Themen des Sozial- und Arbeitsrechts - Ihre Rechtsanwälte in Steinfurt Störmer & Hiesserich.


Donnerstag, 25. August 2016

BMAS - Tag der offenen Tür

Am 27. und 28. August lädt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales alle Interessierten ein, sich einen Eindruck von der dortigen Arbeit zu verschaffen und mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ins Gespräch zu kommen.

Neben einer Ausstellung zur Sozialgeschichte werden Aktivitäten und Informationen zum Thema Inklusion angeboten, im Sommergarten wird es Musik, Informationen, Speisen und Getränke geben und das Kinderprogramm beinhaltet Bastelspaß, Vorlesen und eine Zaubershow.

Weiteres kann man dem Programmheft des BMAS entnehmen.


Ihre Fachkanzlei für Sozialrecht - Rechtsanwälte Störmer & Hiesserich in Steinfurt.

Montag, 8. August 2016

Angemessenheit des Wohnraums

Der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages sieht Änderungsbedarf bei der im Sozialrecht enthaltenen Angemessenheitsregelung für Wohnraum.

Eine dahingehende Petition, nach der der unbestimmte Rechtsbegriff der "Angemessenheit" aus § 22 SGB II und § 35 SGB XII durch konkrete Angaben ersetzt werden soll, die sich unter anderem bei der Größe und Ausstattung der Wohnung an den Förderrichtlinien für den sozialen Wohnungsbau orientieren, soll dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales überwiesen werden.
Das Ministerium hatte in der Vergangenheit eingeräumt, dass die Frage der Angemessenheit der Unterkunftskosten zu den streitanfälligsten Aspekten der Leistungen nach dem SGB II und XII gehören.

Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Rechtsvereinfachung im SGB II und SGB XII hat daher ein Forschungsvorhaben befürwortet, dass in allen Jobcentern eine rechtssichere Umsetzung der Berücksichtigung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung ermöglichen gleichzeitig den Raum für eine Weiterentwicklung der §§ 35 und 35a im SGB XII schaffen soll.
Durch Ermittlung empirischer Datengrundlagen zu den Wohnkosten, zu den Auswertungsverfahren und eine Untersuchung der Relevanz von Einflussfaktoren und bereits bestehender Daten soll eine breit akzeptierte Grundlage für die Diskussion mit den Ländern und kommunalen Spitzenverbänden geschaffen werden.


Stephan Störmer ist Rechtsanwalt in der Fachkanzlei für Sozialrecht Störmer & Hiesserich.

Donnerstag, 4. August 2016

Vorläufige Leistungen des Jobcenter bei Zweifeln an der Erwerbsfähigkeit

Auch bei Zweifeln an der Erwerbsfähigkeit sind Jobcenter so lange zur vorläufigen Zahlung von Leistungen verpflichtet, bis eine Erwerbsunfähigkeit beim Leistungsempfänger sicher festgestellt ist. Bis dahin ist eine Verweisung an den Sozialhilfeträger nicht zulässig.

Das hat das LSG NRW in einem Eilverfahren klargestellt (09.06.2016, Az. L 9 SO 427/15 B ER).

Jobcenter dürfen demnach fehlende Erwerbsfähigkeit nicht annehmen, ohne zuvor den Sozialhilfeträger hinzugezogen zu haben. Die Behörden seien insofern zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit verpflichtet. Jobcenter seien deshalb auch gehalten, dem Sozialhilfeträger etwaige Gutachten über eine fehlende Erwerbsfähigkeit zu übermitteln, anzufragen, wie der Sozialhilfeträger die Erwerbsfähigkeit beurteilt und ggf. eine angemessene Frist zur abschließenden Äußerung zu setzen. Erst wenn eine solche abgelaufen sei, ohne dass der Sozialhilfeträger sich geäußert hat, sei das Jobcenter berechtigt, Leistungen zu verweigern und den Betroffenen an das Sozialamt zu verweisen. Im Zweifel sei das Jobcenter entsprechend den gesetzlichen Vorgaben verpflichtet, ein Gutachten des Rentenversicherungsträgers einzuholen, der über die Erwerbsfähigkeit verbindlich entscheidet.

So soll verhindert werden, dass ein Antragsteller bei fraglicher Erwerbsfähigkeit "zwischen die Stühle" gerate und gar keine Leistungen, weder vom Jobcenter noch vom Sozialamt, erhalten.


Der Autor ist zugleich Fachanwalt für Sozialrecht und Fachanwalt für Strafrecht.

Montag, 1. August 2016

Hartz IV-Sanktion wegen Ablehnung von Sonntagsarbeit


Kürzungen von Leistungen nach dem SGB II sind grds. auch dann rechtmäßig, wenn ein Arbeitsangebot abgelehnt wurde, bei dem Tätigkeiten unter anderem an fast jedem Sonntag vorgesehen sind.
Das hat das Sozialgericht Leipzig in einer jetzt veröffentlichen Entscheidung klargestellt (24.03.2016, Az. S 17 AS 4244/12).

Der dortigen Klägerin war ein befristetes Vollzeitarbeitsverhältnis als Mitarbeiterin für Imbissgastronomie, Kasse und Schlittschuhverleih in der Halle eines Eissportvereins angeboten worden, bei dem die Arbeitszeiten immer von Mittwoch bis Sonntag in der Spätschicht gelegen hätten, d. h. abends zwischen 20:00 und 22:00 Uhr, am Samstag sogar bis mindestens 24:00 Uhr ohne freies Wochenende.

Die Klägerin hat sich auf die Unzumutbarkeit des Arbeitsangebots berufen.

Nach Auffassung des Sozialgerichts gilt das grundsätzliche Verbot der Sonntagsarbeit nach § 9 Abs. 1 ArbG gem. § 10 Abs. 1 Nr. 4 und 7 ArbG allerdings nicht für Bewirtungs- sowie Freizeit-, Erholungs- und Vergnügungseinrichtungen. Zwar müssten nach § 11 Abs. 1 ArbG auch bei solche Betrieben mindestens 15 Sonntage im Jahr beschäftigungsfrei bleiben. Bei 15 arbeitsfreien Sonntagen pro Jahr (nicht notwendig Kalenderjahr) sei demnach Sonntagsarbeit aber an 37 Sonntagen pro Jahr zulässig. Für befristete Arbeitsverhältnisse wie dem der Klägerin angebotenen bestünden insoweit keine Besonderheiten. Insbesondere sei bei einem auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsverhältnis keine anteilige Sonntagsfreistellung innerhalb des Befristungszeitraums zu gewähren. Eine gegenteilige Sichtweise bewirke eine vom Gesetzgeber nicht gewollte Verhinderung saisonaler Beschäftigung insbesondere in der Touristikbranche.
Im Fall der Klägerin wären 37 mit Arbeit belegte Sonntage wegen der Befristung des Arbeitsverhältnisses nicht erreicht worden. Nach dessen Ende wären mindestens 13 Sonntage für die Klägerin arbeitsfrei geblieben, wobei im Falle eines Folgearbeitsverhältnisses der neue Arbeitgeber die Klägerin Sonntags noch so oft von der Arbeit hätte freistellen müssen, bis die Anzahl freier Sonntage erreicht worden wäre.
In Ergebnis resultiere daher aus der Sonntagsarbeit keine Unzumutbarkeit des Arbeitsverhältnisses.


Mittwoch, 27. Juli 2016

Kosten für Unterkunft im Frauenhaus


Wenn eine Hilfeempfängerin vor häuslicher Gewalt flüchtet und ihre Flucht über unterschiedliche Städte führt, so hat dennoch das Jobcenter der Herkunftskommune die Kosten für die Aufnahme in einem ortsfremden Frauenhaus zu tragen.

Das Bayrische LSG (Az. L 11 AS 355/15) hat klargestellt, dass die Flucht einer von häuslicher Gewalt betroffenen Person nicht ausschließt, dass diese zum gewalttätigen Partner zurückkehrt. Kurze Zwischenaufenthalte, z. B. bei Verwandten könnten in einem solchen Fall keinen neuen gewöhnlichen Aufenthalt der Hilfeempfängerin begründen.
Der Gesetzgeber habe insofern ins Kalkül gezogen, dass Flucht vor häuslicher Gewalt nicht zwangsläufig übergangslos im Frauenhaus ende, sonder auch über mehrere Stationen führen könne, die lediglich einen tatsächlichen Aufenthalt begründeten.


Freitag, 15. Juli 2016

SGB II - Keine Sanktionen bei fehlender Bewerbungskostenübernahme

Eingliederungsvereinbarungen sind insgesamt nichtig, wenn sich das Jobcenter von Leistungsempfängern (unzulässige) Gegenleistungen versprechen läßt, ohne selbst Leistungen in einem ausgewogenen Verhältnis anzubieten, so dass Bundessozialgericht (23.06.2016, Az. B 14 AS 26/15 R, B 14 AS 29/15 R, B 14 AS 30/15 R).

An einem ausgewogenen Verhältnis fehlt es beispielsweise, wenn eine Eingliederungsvereinbarung keine individuellen, konkreten und verbindlichen Unterstützungsleistungen für die Bewerbungsbemühungen des Leistungsempfängers vorsieht. In den entschiedenen Fällen waren insbesondere keine Regelungen zur Übernahme von Bewerbungskosten enthalten.
Diesbezüglich hat das BSG klargestellt, dass gesetzliche Vorschriften, die die Erstattung von Bewerbungskosten ermöglichen, nicht dazu führen, dass die Eingliederungsvereinbarung ein ausgewogenes Verhältnis der wechselseitigen Verpflichtungen von Leistungsempfänger und Jobcenter aufweist.

Damit fehlt es jedoch auch an einer wirksamen Verpflichtung der Leistungsempfänger und somit an einer Grundlage für eine Sanktionierung.


Dienstag, 12. Juli 2016

Übernahme von Energieschulden durch Jobcenter

Energieschulden eines Grundsicherungsempfänger, die missbräuchlich und gezielt herbei geführt wurden, müssen nicht durch ein Darlehn des Jobcenters aufgefangen werden.
Das hat das LSG Niedersachsen-Bremen in einem Eilverfahren entschieden (Entscheidung vom 19.04.2016, Az. L 7 AS 170/16 B ER).

Zwar können nach § 22 Abs. 8 SGB II nicht nur laufende Bedarfe für Unterkunft und Heizung übernommen werden, sondern auch Schulden. Dies ist allerdings dann nicht gerechtfertigt, wenn Energieschulden missbräuchlich und gezielt herbei geführt wurden. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Leistungsempfänger in der Vergangenheit die vom Jobcenter zuvor erhaltenen Energiekosten nur teilweise an den Energieversorger weitergeleitet und sein Verbrauchsverhalten nicht auf die monatlich vom Jobcenter zur Verfügung gestellten Beträge eingestellt hat. Erschwerend kam im zugrunde liegenden Fall hinzu, dass es bereits in der Vergangenheit trotz mehrfacher darlehensweiser Übernahme von Energieschulden wiederholt zu Rückständen gegenüber dem Versorgungsunternehmen gekommen war.


Rechtsanwalt Störmer ist zugleich Fachanwalt für Sozialrecht und Fachanwalt für Strafrecht.

Montag, 4. Juli 2016

Hartz-IV-Novelle


Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat am 22.06.2016 den Gesetzentwurf der Bundesregierung zu Rechtsvereinfachungen im SGB II mit den Stimmen der Unionsfraktion und der SPD-Fraktion in geänderter Fassung angenommen, während der Entwurf von den Oppositionsfraktionen "Die Linke" und "Bündnis 90/Die Grünen" deutlich kritisiert wurde.

Die Neuregelungen betreffen unter anderem Fragen der Einkommensanrechnung, der Berechnung der Kosten für Unterkunft und Heizung sowie die Beratung der Leistungsberechtigten.

Der Regelsatz von Kindern, die sich wechselweise in beiden Haushalten der getrennt lebenden Eltern aufhalten, soll allerdings nun doch nicht wie ursprünglich geplant entsprechend der Anwesenheitstage im jeweiligen Haushalt aufgeteilt werden.
Für die weiterhin bei sogenannten "temporären Bedarfsgemeinschaften" bestehenden Probleme forderten insbesondere Grüne und Linke eine Lösung. Die SPD-Fraktion betonte daraufhin, dass die Koalition an einem "Umgangsmehrbedarf" für betroffene Kinder arbeite, hierfür aber noch Zeit brauche. Die Unionsfraktion verwies allerdings auf dadurch bedingte Kostensteigerungen von 60 bis 100 Mio. Euro.

Ferner soll nach dem Gesetzentwurf von einer Sanktionierung abgesehen werden, wenn Betroffene keine Unterlagen vorlegen, die für eine zwangsweise Frühverrentung notwendig sind.

Geändert wurde auch die Förderdauer von Ein-Euro-Jobs. Bislang durften solche Arbeitsgelegenheiten innerhalb von fünf Jahren nicht länger als 24 Monate zugewiesen werden. Künftig soll die Höchstförderdauer auf 36 Monate verlängert werden.

Donnerstag, 30. Juni 2016

In eigener Sache

Am 30.06.2006 wurde die Sozietät "Störmer & Hiesserich Rechtsanwälte" gegründet.
Wir freuen uns daher, heute unser 10-jähriges Kanzlei-Jubiläum feiern zu können. 
Es waren spannende Jahre nicht nur in rechtlicher, sondern auch in tatsächlicher Hinsicht, in denen wir eine Vielzahl von interessanten Menschen kennengelernt haben.
Bei allen möchten wir uns für das uns entgegengebrachte Vertrauen bedanken, auch ungewöhnliche Wege mit uns zu gehen.
Wir freuen uns schon auf die nächsten 10 Jahre.

Ihre Rechtsanwälte Störmer & Hiesserich.

Mittwoch, 15. Juni 2016

Für Ferrari auf Ibiza


Auch Dienstreisen stehen grundsätzlich unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Dies gilt aber nicht, wenn der Geschädigte sich nicht mehr aus beruflichen, sondern aus persönlichen Belangen am Schadensort aufgehalten hat.
Dies geht aus einer Pressemitteilung des Sozialgerichts Heilbronn vom 02.06.2016 zu einem Urteil vom 14.04.2016 (Az. S 6 U 4321/14) hervor.

Im zugrunde liegenden Fall arbeitete der Kläger als Außendienstmitarbeiter eines Unternehmens, das Photovoltaikanlagen vertreibt. Diesem Unternehmen gewährte das Autohaus, bei dem üblicherweise die Geschäftswagen bezogen wurden, eine Kaufoption für einen "LaFerrari". Das Fahrzeug hatte laut Kläger einen stetig steigenden Marktwert von derzeit mehr als einer Million Euro, die Nachfrage übersteige die limitierte Auflage von 499 Stück um das Vielfache. Um diese Kaufoption gewinnbringend zu veräußern, traf sich der Kläger im September 2013 mit einem Zeugen zum Mittagessen auf Ibiza in einem "Beach Club", wo sie bis in die Nacht blieben. Am späten Abend einigte man sich in Grundzügen darauf, dass die Kaufoption für 100.000 € an den Zeugen veräußert werden sollte. Nach Mitternacht verließ der Kläger den Club. Als er sich wieder Zugang verschaffen wollte, geriet er mit dem Türsteher in Streit. Dieser schlug ihm mit der Faust ins Gesicht, so dass der Kläger zu Boden stürzte und sich schwere Kopfverletzungen zuzog. Zunächst lag er im künstlichen Koma. Noch heute leidet er unter den Folgen des Ereignisses.
Die Berufsgenossenschaft lehnte jedoch die Anerkennung als Arbeitsunfall ab, weil sich der Kläger zum Zeitpunkt des Faustschlags bei keiner Tätigkeit befunden habe, die im Zusammenhang mit seiner Beschäftigung stehe. Zudem bestehe durch seiner damalige Trunkenheit kein Versicherungsschutz.

Das Sozialgericht Heilbronn hat die Klage abgewiesen.
Ab der spätabendlichen grundsätzlichen Einigung habe sich der Kläger nicht mehr aus beruflichen, sondern aus persönlichen Belangen im Club aufgehalten und sei daher nicht mehr gesetzlich unfallversichert gewesen. Aber selbst wenn dies so gewesen sein sollte, so habe kein Versicherungsschutz bestanden, da er sich nicht im Lokal, sondern davor aufgehalten habe. Unerheblich sei deshalb auch, ob der Versicherungsschutz bereits aufgrund erheblicher Alkoholisierung entfallen sei.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.


Ihre Ansprechpartner in allen Belangen des Sozialrechts

Montag, 13. Juni 2016

Nachhilfekosten - Übernahme durch Jobcenter


Wenn sich in einer Einzelfallprüfung unter Einbeziehung der Schule und der Lehrkräfte herausstellt, dass auch mit erheblichem Aufwand eine Versetzung nicht erreicht werden kann, besteht kein Anspruch auf Lernförderung. Vielmehr sei bei gravierenden strukturellen Defiziten, die eine grundsätzliche Überforderung des Schülers beim Besuch einer höheren Schule zeigen, in eine geeignetere Schulform zu wechseln.
Das geht aus einer Pressemitteilung des LSG Baden-Württemberg hervor (Entscheidung vom 23.05.2016, Az. L 12 AS 1643/16 ER-B).

Im zugrunde liegenden Fall hatte die Mutter einer Schülerin nach einem schlechten Halbjahreszeugnis im Februar 2016 (u. a. in Deutsch, Mathe, Naturwissenschaftlichem Arbeiten jeweils Note 5, Versetzung gefährdet, Schulwechsel empfohlen) beim Jobcenter mehrere Anträge auf Bildung und Teilhabe in Form von Lernförderung (Nachhilfe) gestellt, die abgelehnt wurden.
Das SG Freiburg hatte darauf hin in einem Eilverfahren das Jobcenter verpflichtet, Nachhilfe im Umfang von 6 Stunden pro Woche zu zahlen.
Nach dieser Entscheidung wurde jedoch eine ausführliche Stellungnahme der Schule vorgelegt, die davon ausgeht, dass eine Versetzung auch mit zusätzlicher Lernförderung nicht zu erwarten und ein Wechsel auf eine Werkrealschule angezeigt sei.
Das LSG hat sodann der Beschwerde des Jobcenters stattgegeben, die Entscheidung des Sozialgerichts aufgehoben und die Anträge auf Lernförderung in vollem Umfang abgelehnt.


Freitag, 10. Juni 2016

Beiträge SOKA-Bau


Die Verpflichtung eines Bauunternehmens, zusätzlich zu den normalen Sozialabgaben die gleiche Summe auch noch an die Sozialkasse Bau abführen zu müssen, verletzt Unternehmen der Baubranche nicht in ihren Rechten aus Art. 11 EMRK (Vereinigungsfreiheit) und Art. 1 Protokoll Nr. 1 zur EMRK (Schutz des Eigentums).
Das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte am 02.06.2016 entschieden (Az. 23646/09).

Beschwerdeführerin war ein auf Erdwärme spezialisiertes Unternehmen der Baubranche.
Nach den vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträgen über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe sind Arbeitgeber der Brache zur Entrichtung von Beiträgen in Höhe von 19,8 % des Bruttolohns ihrer Angestellten verpflichtet, unabhängig davon, ob sie einer der tarifschließenden Arbeitgebervereinigungen als Mitglieder angehören oder nicht.

Nach Auffassung des EGMR verstoßen deutsche Tarifverträge, die alle Arbeitgeber einer Branche zu Sozialbeiträgen verpflichten, nicht gegen das Menschenrecht auf Vereinigungsfreiheit. Die Verpflichtung der Beschwerdeführerin, Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes zu entrichten, sei im Interesse aller Mitarbeiter in der Bauindustrie und beruhe auf dem Solidaritätsprinzip. Zwar könne die Beitragspflicht als Anreiz gesehen werden, Mitglied zu werden, um Einfluss auf die Aktivitäten der Sozialkassen zu nehmen. Dieser Anreiz sei aber zu vage, um die Vereinigungsfreiheit ihm Kern zu berühren. Die Einrichtung des Sozialfonds, in das die Beschwerdeführerin zur Einzahlung verpflichtet sei, unterliege der Aufsicht der "BaFin". Es gebe daher eine Beteiligung und Regelung durch die öffentliche Hand.


Mittwoch, 8. Juni 2016

Rentenantrag durch Betreuer

Die Verantwortung eines gerichtlich bestellten Betreuers umfasst auch die Pflicht zu rechtzeitiger Rentenantragstellung.
Das geht aus einer jetzt veröffentlichten Pressemitteilung des Sozialgerichts Mainz vom 07.04.2016 hervor (Az. S 10 AS 330/14).

Die dortige Klägerin hatte seit dem 01.06.2011 die Möglichkeit, eine Altersrente zu beziehen, worauf die Rentenversicherung schriftlich hingewiesen hatte. Zu diesem Zeitpunkt litt die Frau jedoch bereits an einer wahnhaften Störung, die sie von der Stellung eines Rentenantrags abhielt.
Ende Oktober 2012 wurde für sie ein Betreuer mit umfangreichen Befugnissen bestellt. Zwar war es dem Betreuer über einen längeren Zeitraum nicht möglich, einen persönlichen Kontakt zu der Betreuten herzustellen.
Allerdings waren ihm bereits zum Zeitpunkt der Bekanntgabe seiner Bestellung alle Umstände bekannt, aus denen sich die Rentenberechtigung der Klägerin ergab. An die umgehende Beantragung habe er einfach nicht gedacht. Der Antrag wurde letztlich im Januar 2014 gestellt und sodann ab Antragstellung auch bewilligt.

Das Sozialgericht hat nun klargestellt, dass eine Bewilligung ab dem 01.06.2011 nicht in Betracht kam.
Aufgrund seiner Befugnisse hätte der Betreuer innerhalb von drei Monaten seit Bekanntgabe seiner Bestellung der Frage der Möglichkeit einer Altersrente für seine Betreute nachgehen und diese beantragen können.
Da ihm der Beschluss im November 2012 bekanntgegeben worden sei, hätte der Antrag bis Ende Februar 2013 gestellt werden müssen.



Ihre Fachkanzlei für Sozialrecht: Rechtsanwälte Störmer & Hiesserich 

Montag, 30. Mai 2016

Meldeverfahren zur Sozialversicherung

Die elektronischen Meldeverfahren in der Sozialversicherung sollen vereinfacht werden.
Hierzu hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf vorgelegt. Die dort enthaltenen Änderungsvorschläge basieren auf dem Projekt "Optimiertes Meldeverfahren in der sozialen Sicherung " (OMS).

Hierzu gehören der Einsatz einer maschinenlesbaren Verschlüsselung der Daten auf dem Sozialversicherungsausweis, eine eindeutige Definition von Verfahrenskomponenten wie die betriebs- und Zahlstellennummer sowie die Umsetzung einer elektronischen Beantragung und Rückübermittlung der Bescheinigungen über die Fortgeltung des Versicherungsschutzes im Ausland.

Ferner sollen mittelständische Unternehmen von Bürokratie entlastet werden. Hierzu ist unter anderem die Einrichtung eines Informationsportals im Internet geplant, auf dem Arbeitgebern Basisinformationen zu sozialversicherungsrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit den Melde- und Beitragsverfahren zur Verfügung gestellt werden.
Schließlich soll die gesetzliche Grundlage dafür geschaffen werden, die Übermittlung von Entgeltbescheinigungsdaten zu vereinfachen.


Der Autor ist Rechtsanwalt in Steinfurt.

Mittwoch, 4. Mai 2016

Rentenerhöhung zum 1. Juli 2016

Das Bundeskabinett hat der Rentenwertbestimmungsverordung 2016 zugestimmt.
Damit wird die im März errechnete Anpassung der Renten in den neuen Bundesländern um 5,95 % und in den alten Ländern um 4,25 % formell bestätigt.
Nach Zustimmung des Bundesrates können die höheren Renten erstmals im Juli 2016 ausgezahlt werden.

Die Rentenanpassung basiert auf der Lohnentwicklung. Die für die Rentenanpassung relevante Lohnsteigerung beträgt in den neuen Ländern 5,48 % und in den alten Ländern 3,78 %. Eingang findet hier die vom Statistischen Bundesamt gemeldete Lohnentwicklung nach den volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR), wobei "Ein-Euro-Jobs" außer acht bleiben. Ferner wird die beitragspflichtige Entgeltentwicklung der Versicherten berücksichtigt, die für die Einnahmesituation der gesetzlichen Rentenversicherung entscheidend ist. Schließlich kommt noch ein statistischer Sondereffekt aufgrund der Revision der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) aus dem Jahr 2014 zum Tragen, der die anpassungsrelevante Lohnentwicklung bei der diesjährigen Rentenanpassung um rund einen Prozentpunkt steigert. Hierdurch wird der statistische Effekt, der die letztjährige Rentenanpassung gedämpft hatte, wieder ausgeglichen.

Der Nachhaltigkeitsfaktor wirkt sich in diesem Jahr rechnerisch mit + 0,18 Prozentpunkten steigernd auf die Rentenanpassung aus, die Altersvorsorgeaufwendungen wirken rechnerisch mit 0,26 Prozentpunkten anpassungssteigernd.

Auf dieser Basis ergibt sich eine Anhebung des Rentenwerts (West) von 29,21 € auf 30,45 € und (Ost) von 27,05 € auf 28,66 €.
Damit beträgt der aktuelle Rentenwert in den neuen Ländern nun 94,1 % des Westwerts (bisher 92,6 %).



Rechtsanwalt Störmer ist Fachanwalt für Sozialrecht und Fachanwalt für Strafrecht.

Donnerstag, 21. April 2016

Verhinderungspflege bei vorübergehendem Auslandsaufenthalt

Leistungen der Verhinderungspflege können auch während eines vorübergehenden Aufenthalts in der Schweiz gezahlt werden.

Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 20.04.2016 (Az. B 3 P 4/14 R).

Während Leistungen der Pflegeversicherung für die Zeit eines Auslandsaufenthalts grundsätzlich ruhen, sieht das Gesetz unter anderem für das Pflegegeld eine Ausnahme von diesem Grundsatz vor. Dies wird bei einem vorübergehenden Auslandsaufenthalt von bis zu sechs Wochen weiter gewährt. Zum "Pflegegeld" im Sinne dieser Vorschrift gehöre auch das "Verhinderungspflegegeld", das bei zeitweiliger Verhinderung der Pflegeperson für Kosten bei der Ersatzpflege gezahlt werde, so das BSG.
Nach Ausgestaltung, Zweck und Funktion der Leistungen bei Verhinderung der Pflegeperson treten diese an die Stelle des Pflegegeldes und ersetzen es, auch wenn seit dem 30.10.2012 für längstens vier Wochen die Hälfte des Pflegegeldes während der Verhinderungspflege fortgewährt werde. Werde die Ersatzpflege durch nicht erwerbsmäßig pflegende Angehörige des Pflegebedürftigen erbracht, orientiere sich die Höhe des Verhinderungspflegegeldes am Pflegegeld in Abhängigkeit von der jeweiligen Pflegestufe. Von daher wirke es wie ein Surrogat für das Pflegegeld und sei als solches bei vorübergehendem Auslandsaufenthalt von bis zu sechs Wochen fortzuzahlen. Dies gelte auch für die als Nebenleistung anzusehende Erstattung notwendiger Fahrt- und Unterkunftskosten, die die Verhinderungspflege im Falle der Ersatzpflege durch Angehörige erst ermöglichen soll. 

Im zugrunde liegenden Fall hatte der 14-jährige pflegebedürftige Kläger mit seiner Familie Urlaub in der Schweiz gemacht. Der mitreisende Großvater übernahm, während die Mutter des Klägers, die ihn ansonsten pflegt, Ski fuhr, stundenweise die Pflege des Klägers. Die beklagte Pflegekasse zahlte zwar das Pflegegeld weiter, lehnte allerdings die beantragte Erstattung der Fahrt- und Unterkunftskosten des Großvaters aufgrund des Auslandsaufenthalts ab.

Das BSG hat aufgrund der obigen Erwägungen entschieden, dass auch die entstandenen Fahrt- und Unterkunftskosten zu erstatten waren.


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Freitag, 15. April 2016

Auskunftsersuchen Jobcenter

Partner von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten sind gegenüber dem Jobcenter nicht verpflichtet, Vordrucke auszufüllen, die sich ausschließlich an solche Personen richten, die selbst Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beanspruchen, so das SG Gießen in einer jetzt veröffentlichten Entscheidung von 23.02.2016 (Az. S 22 AS 1015/14).

Der dortige Kläger bildete mit einer im Leistungsbezug stehenden Frau nach Ansicht des Jobcenters eine Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft. Das Jobcenter verlangte mehrfach, zuletzt im Bescheidungsweg vom Kläger die Vorlage von Einkommensnachweisen sowie mehrerer auszufüllender Formblätter, um seine Einkommensverhältnisse zu überprüfen. Diese Formblätter richteten sich ausschließlich an Personen, die ihrerseits Leistungen nach dem SGB II begehren, was sich aus den jeweiligen Fragestellungen und den Unterschriftsleistungen ("Unterschrift Antragsteller/Antragstellerin") ergab.

Hierzu hat das Sozialgericht klargestellt, dass der Kläger jedoch selbst nicht Antragsteller und insofern nicht zur Mitwirkung verpflichtet sei. Gegen seinen Willen könne er selbst dann nicht zum Antragsteller gemacht werden, wenn er Inhaber eines Anspruchs wäre. Der Aufforderung an den Kläger, der selbst die Bewilligung von Leistungen nicht anstrebe, fehlte es damit an der Rechtsgrundlage.

Aufgrund dessen hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben, das Urteil ist rechtskräftig.


Der Autor ist Fachanwalt für Sozialrecht in Steinfurt Borghorst.

Montag, 22. Februar 2016

Kosten für Fahrten zum Kindergarten

Wie jetzt das SG Mainz entschieden hat, muss das Jobcenter die Kosten für die Beförderung eines Kindes zur Kindertagesstätte nicht übernehmen (28.01.2016, Az. S 8 AS 1064/14).

Das Sozialgericht war der Ansicht, dass die Klägerin, eine alleinerziehende Mutter und Bezieherin von Leistungen nach dem SGB II, die Beförderungskosten aus der Regelleistung sowie aus dem entsprechenden Mehrbedarf für Alleinerziehende bestreiten muss.

Die Klägerin hatte für ihr dreijähriges Kind von der Stadt Mainz einen Kita-Platz erhalten, der allerdings nicht in der Nähe ihrer Wohnung lag. Für die werktägliche Beförderung des Kindes zum Kindergarten beantragte sie daher die Kostenübernahme für eine Monatskarte des öffentlichen Personennahverkehrs.
Das Sozialgericht hat jedoch keinen unabweisbaren Bedarf gesehen. Es sei insofern zu beachten, dass der Besuch des Kindergartens anders als der Schulbesuch freiwillig sei. Außerdem werde die Klägerin durch den Kindergarten in ihren Betreuungs- und Erziehungsaufgaben entlastet. Mit der Monatskarte habe die Klägerin schließlich die Möglichkeit, nicht nur Fahrten zum Kindergarten, sondern auch sonstige Fahrten zu bestreiten.

Das Urteil wird hier durchaus kritisch gesehen.
Zwar ist der Besuch des Kindergarten - theoretisch - freiwillig. Das Sozialgericht übersieht allerdings, dass von der Klägerin und Leistungsempfängerin im Rahmen des Grundsatzes des Forderns i. S. d. § 2 SGB II erwartet wird, dass sie alle Möglichkeiten nutzen muss, ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und Kräften zu bestreiten und an allen Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit aktiv mit zu wirken hat.
Welche Möglichkeiten hat aber eine allein erziehende Mutter, einen Arbeitsplatz zu finden, wenn sie zugleich keinen - da ja angeblich freiwillig - Betreuungsplatz für ihr Kind in Anspruch nimmt ? Faktisch erfolgt daher im Bereich der Grundsicherung und des Niedriglohnsektors die Inanspruchnahme eines Betreuungsplatzes durch Alleinerziehende gerade nicht freiwillig, sondern gezwungenermaßen, um überhaupt die Möglichkeit zu schaffen, einen Arbeitsplatz zu erhalten und damit im Übrigen auch der Verpflichtung aus § 2 SGB II nachzukommen.
Wenn das Sozialgericht Mainz sodann noch die Ansicht der Behörde bestätigt, die Klägerin könne die Beförderungskosten aus dem im Arbeitslosengeld II hierfür enthaltenen Betrag bestreiten, so kann insofern in beschämender Weise sowohl die Unkenntnis der Gesetzeslage sowohl auf Seiten der Behörde als auch des Gerichts nicht ausgeschlossen werden.
Vorbehaltlich der Kenntnis des konkreten Sachverhalts ist im Regelbedarf der Regelbedarfsstufe I ein Betrag von 22,78 € monatlich für den Bereich "Verkehr" enthalten.
Allerdings kostet eine Monatskarte für Erwachsene jedenfalls im Februar diesen Jahres ausweislich der Tarifinformation des MGV bereits 78,20 €. Es darf unterstellt werden, dass diese in den Jahren zuvor nicht wesentlich günstiger war. Es dürfte also bereits auch dann unmöglich für die Klägerin gewesen sein, die Beförderungskosten aus der Regelleistung zu tragen. Hier den Einsatz des Mehrbedarfs für Alleinerziehende zu fordern, dürfte sicherlich dessen Sinn und Zweck widersprechen.
Insgesamt daher aus hiesiger Sicht ein fragwürdiges Urteil des SG Mainz.


Montag, 15. Februar 2016

Cannabis von der Krankenkasse

Auch wenn in des Sache tatsächlich eigentlich keine Leistungspflicht der Krankenkasse bestehen sollte, so tritt nach der gesetzlichen 5-Wochen-Frist des § 13 Abs. 3a SGB V eine Genehmingungsfiktion ein, wenn die Kasse diese Frist zur Entscheidung über den Antrag des Versicherten nicht eingehalten und ihm die Gründe hierfür nicht rechtzeitig schriftlich mitgeteilt hat.
So das Sozialgericht Dortmund am 22.01.2016 entschieden (Az. S 8 KR 435/14).

Im zugrunde liegenden Fall litt ein Versicherter der Barmer GEK aus Witten nach einem Unfall an schweren chronischen Schmerzzuständen und verfügte über eine betäubungsmittelrechtliche Sondergenehmigung zum Erwerb von Medizinal-Cannabisblüten. Die Barmer GEK holte eine medizinische Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse (MDK) ein und lehnte die Kostenübernahme zweieinhalb Monate nach Antragstellung ab, weil es sich bei Cannabisblüten weder um ein Arzneimittel noch um eine Rezepturvorbereitung handele. Auch stünden für den Versicherten geeignete analgetisch wirksame Medikamente zur Verfügung.

Das Sozialgericht Dortmund hat allerdings die Krankenkasse mit dem obigen Hinweis auf § 13 Abs. 3a SGB V verurteilt, die Kosten für die monatliche Versorgung des Klägers mit 56 g Cannabisblüten entsprechend der Verordnung des behandelnden Arztes zu tragen.  
Durch die gesetzlich fingierte Leistungsgenehmigung sei die Leistungsberechtigung wirksam verfügt und die Krankenkasse mit allen Einwendungen ausgeschlossen. Eine nachträglich inhaltliche Überprüfung laufe dem Zweck der Genehmigungsfikton des Patientenrechtegesetzes aus 2013 entgegen, generalpräventiv die Zügigkeit des Verwaltungsverfahnrens der Krankenkassen zu verbessern.


Ihre Fachkanzlei für Sozialrecht: Störmer & Hiesserich Rechtsanwälte in Steinfurt.

Mittwoch, 3. Februar 2016

"Mütterrente" verfassungsgemäß

In einer Grundsatzentscheidung hat das LSG NRW das "Gesetz über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung" vom 23.06.2014 betreffend die bessere Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten bestätigt (15.12.2015, Az. L 21 R 374/14).

Nach Auffassung des LSG ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Gesetz für vor 1992 geborene Kinder Kindererziehungszeiten von (lediglich) 24 Monaten vorsieht.
Weder der Auftrag des Grundgesetzes zum Schutz und zur Förderung von Ehe und Familie noch der allgemeine Gleichheitssatz gebiete eine weitergehende Anerkennung. Der Gesetzgeber habe einen Spielraum, wie er einen sozialen Ausgleich für Kindererziehung ausgestaltet. Eine solch komplexe Reform wie die Berücksichtigung von Kindererziehung bei der Altersversorgung dürfe in mehreren Stufen umgesetzt werden. Mit der Anhebung der Kindererziehungszeit von einem auf zwei Jahre für vor 1992 geborene Kinder habe der Gesetzgeber die bis dahin bestehende Ungleichbehandlung vermindert und damit die Forderungen des BVerwG, die Benachteiligung von Familien zu reduzieren, entsprechen.

Die Revision zum BSG wurde nicht zugelassen, da die Rechtslage durch die Rechtsprechung des BVerfG geklärt sei.


Rechtsanwalt Störmer ist als Fachanwalt für Sozialrecht bundesweit für Sie tätig.

Mittwoch, 27. Januar 2016

Sozialversicherungsabkommen mit Russland


Auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Bundesregierung mitgeteilt, dass trotz intensiver Bemühungen bislang mit Russland kein Sozialversicherungsabkommen besteht.
Ein solches bilaterales Abkommen über soziale Sicherheit mit den Nachfolgestaaten der UdSSR soll vielen Beschäftigten vor allem aus der DDR, die vor der deutschen Einheit in der UdSSR beschäftigt waren, die Anrechnung von Rentenanwartschaften aus diesen Zeiträumen für ihre Altersrenten ermöglichen.
Ein Abschluss der Verhandlungen wird weiterhin angestrebt.


Dienstag, 12. Januar 2016

Kraftfahrzeughilfe

Kleinwüchsige Menschen können einen Anspruch auf Kraftfahrzeughilfe haben, wenn sie zur Zurücklegung der Wegstrecken zwischen Wohnung und Arbeitsplatz auf ein Auto angewiesen sind.
Das geht aus einem jetzt veröffentlichten Urteil des Sozialgerichts Mainz hervor (Entscheidung vom 19.11.2015, Az. S 1 R 701/13).

Demnach ist es nicht erforderlich, dass die Behinderung die alleinige Ursache für das Angewiesensein auf ein Auto ist. Zusätzliche andere Gründe, wie vorliegend eine ungünstige Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel, sind insofern unschädlich.
Ob auch ein nichtbehinderter Mensch in der gegebenen Situation zur Erreichung seines Arbeitsplatzes auf ein Auto angewiesen ist, stellt folglich kein entscheidendes Abgrenzungskriterium dar. Dies hat seinen Ursprung unter anderem in der Inklusion behinderter Menschen im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention. Diese sei bei der Ausübung des dem Leistungsträger in solchen Fällen eingeräumten Ermessens zu berücksichtigen.
Im vorliegenden Fall musste die beklagte Rentenversicherung dem Kläger deshalb einen Zuschuss für die Neuanschaffung eines PKW und den entsprechenden behindertengerechten Umbau gewähren.


Rechtsanwalt Störmer ist zugleich Fachanwalt für Sozialrecht und Strafrecht.

Freitag, 1. Januar 2016

Hartz IV - Neue Regelsätze

Ab dem 01.01.2016 gelten neue Regelbedarfe in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II und in der Sozialhilfe.

Im Detail:

  • Regelbedarfsstufe 1 (Für eine erwachsene leistungsberechtigte Person, die als alleinstehende oder alleinerziehende Person einen eigenen Haushalt führt; dies gilt auch dann, wenn in diesem Haushalt eine oder mehrere weitere erwachsene Personen leben, die der Regelbedarfsstufe 3 zuzuordnen sind.): 404,00 €
  • Regelbedarfsstufe 2 (Für jeweils zwei erwachsene Leistungsberechtigte, die als Ehegatten, Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt führen.): 364,00 €
  • Regelbedarfsstufe 3 (Für eine erwachsene leistungsberechtigte Person, die weder einen eigenen Haushalt führt, noch als Ehegatte, Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt führt.): 324,00 
  • Regelbedarfsstufe 4 (Für eine leistungsberechtigte Jugendliche oder einen leistungsberechtigten Jugendlichen vom Beginn des 15. bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres.): 306,00 €
  • Regelbedarfsstufe 5 (Für ein leistungsberechtigtes Kind vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres.): 270,00 €
  • Regelbedarfsstufe 6 (Für ein leistungsberechtigtes Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.): 237,00 €.

Die Regelbedarfsstufen auch für die letzten Jahre finden Sie in der Anlage zu § 28 SGB XII.


Stephan Störmer ist bundesweit als Fachanwalt für Sozialrecht und Strafrecht für Sie tätig.